Aspekte der Bevölkerungsstruktur sowie der sozialen Schichtung in Hainstraße und Schützenstraße um 1878

Die weitgehend einheitliche Struktur der Bebauung trotz fehlender Bebauungspläne und der sehr geringe Anteil sogenannter juristischer Personen bei den Hauseigentümern, lassen weitestgehend darauf schließen, dass die meisten Hauseigentümer der sozialen Oberschicht zuzurechnen waren. Bei Eidloths Einteilung der Eigentümer werden sogenannte natürliche von juristischen Personen unterschieden. Der Anteil natürlicher Personen als Hausbesitzer im Haingebiet  wird weiterhin unterteilt in die soziale Grund-, Mittel- und Oberschicht, die sich zueinander in den Verhältnissen 3,8% : 9,4% : 86,8% als Hausbesitzer wiederfinden.  Der Anteil juristischer Personen als Hausbesitzer, welche in Unternehmen, Organisationen und Körperschaften zu unterteilen wären, spielen um 1878 so gut wie noch keine Rolle im Untersuchungsgebiet. 93 % aller Häuser in der Hain- und Schützenstraße befanden sich damals in privatem Besitz, wobei sogar 71,7% der Eigentümer als "Hausherren" ihre Immobilie selbst bewohnten. In der Hainstraße, auf die ich das Augenmerk besonders richten möchte, sind es sogar 95,5% der Eigentümer, die selbst in ihren Häusern wohnten. In der Schützenstraße beträgt dieser Anteil "nur" 57,1%, woraus auf eine größere Zahl von Mietern zu schließen ist. Die Schützenstraße unterscheidet sich in ihrer Bebauung auch insofern von der Hainstraße, als dass dort vorwiegend Familien- und Mietshäuser erbaut wurden, wohingegen in der Hainstraße Einfamilienhäuser und Villen dominieren.

All diese Ausführungen weisen das Großbürgertum Bambergs als Erbauer, Gestalter und Bewohner dieses neuen Stadtteils aus, die durch ihren Repräsentationswillen und mit dem Hintergrund einer gewissen "Flucht aus der Enge der Stadt" dem Haingebiet seine Identität gaben.

Betrachtet man die Anzahl der verschiedenen Berufsgruppen, so fanden sich neben einem leitenden Beamten, einem Freiberufler und sieben Privatiers insgesamt 37 Unternehmer. Ein Drittel der Eigentümer waren Baumeister oder hatten ähnliche Berufe, sie bauten oder kauften vorwiegend in der Schützenstraße. Den Rest dieser Sparte stellt ausschließlich der Berufsstand der Hopfenhändler, die sich vorwiegend auf die Hainstraße konzentrierten.

Zu diesem für die Hainstraße so wichtigen Berufsstand zählten vorwiegend jüdische Kaufleute.

Die Firmen der Hopfenhändler unterschieden sich in ihrer Bedeutung und ihrer Geschäftsstruktur. Es waren ebenso reine kommissionäre Hopfenhandlungen wie auch Großhändler mit eigenen Darren, großen Lagern und Filialen oder Agenturen im Ausland vertreten[8].  Oft waren Hopfenhändler auch nur Großhändler mit internationalen Geschäftsbeziehungen, die in dieser Zeit reine Spekulationsgeschäfte tätigten. Der Gruppe jüdischer Hopfenhändler gehörten auch einige Gründer der für die Bamberger Wirtschaft vor 1900 sehr wichtigen Mälzereien und Großbrauereien Bambergs an.

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[8]  Loebl (1999) S. 298