Die Hopfenhandlungen

Der Bamberger Hopfenhandel war eine jüdische Domäne. In Bamberg wurde der Hopfenanbau während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Nachfolgekultur des Weinanbaus finanziell von der Obrigkeit und dem Fürstbischof gefördert. 1870 gab es in Bamberg bzw. an den umliegenden Hängen 254 Tagwerk Hopfengärten, denen nur noch 16 Tagwerk Weingärten gegenüberstanden. Noch 1889 wurde auf den westlichen Höhenzügen um Bamberg, an den Hängen der Altenburg und des Michaelsberges, von den ehemaligen Weinbauern, den Häckern, Hopfenbau betrieben.[10]

Anfang der 30er-Jahre des 19. Jahrhunderts galt Bamberg als der führende Umschlagplatz für fränkischen Hopfen, der fest in jüdischen Händen war. 1846 musste Bamberg von dieser Bedeutung ein wenig an den neu gegründeten Hopfenumschlagplatz Nürnberg abtreten. Der Grund hierfür scheint der Versuch einer Marktordnungsänderung zu sein. Die königliche Regierung von Mittelfranken war mit ihrer Bestrebung, in den Hopfenhandel zugunsten nichtjüdischer Händler einzugreifen, jedoch nicht sonderlich erfolgreich. Der neue Hopfenumschlagplatz in Nürnberg lief dem in Bamberg zwar den Rang ab, war jedoch ebenso in jüdischen Händen. Bamberg blieb dennoch einer der bedeutendsten Umschlagplätze für fränkischen Hopfen.

Als einer der den Hopfenhandel forcierenden Faktoren kann generell der Aufschwung der Bierproduktion gesehen werden. Dieser wiederum ist im Zusammenhang mit der Verbesserung infrastruktureller Einrichtungen zu betrachten. So wurde zum Beispiel das bayerische Eisenbahnnetz stetig erweitert und an außerbayerische Netze angebunden. Es entstanden transatlantische Dampferlinien die einen verstärkten Handel mit Übersee möglich machten. Hierdurch gewann der Handelsverkehr zunehmend an Bedeutung und Wirtschaftskraft. Parallel dazu wurden das Telegraphen- und Kabelwesen ausgebaut. Diese wirkten sich auf eine Verbesserung der Waren- und Korrespondenzbeförderung aus. Unter den ersten dreißig Telefoninhabern 1876 befanden sich acht jüdische Hopfenhandlungen[11]. Durch diese Entwicklungen in der Infrastruktur wurden neue Märkte aufgetan, es stieg die Nachfrage nach fränkischen Produkten, in meinem Beispiel nach Bier, und die Summe dieser Faktoren begünstigte letzten Endes den Hopfenhandel in Bamberg.

Im Bamberger Branchenverzeichnis von 1872 sind 76 Hopfenhandlungen verzeichnet, von denen 22 ihren Firmensitz in der Hain- oder in der Schützenstraße hatten[12]. Bis auf zwei Neugründungen bestanden diese bereits vor dem Bau des Hainviertels. Vor dem Umzug dorthin konzentrierte sich der Hopfenhandel auf die Lange Straße und den Steinweg,  beides sind alte Fernhandelsstraßen. Weitere Hopfenhändler waren, abgesehen vom westlichen Berggebiet, vereinzelt über die mittelalterliche Altstadt verstreut. Die Umsiedlung aus der Altstadt ins Haingebiet fand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts statt. Ein Grund für diese Umsiedlung war ein gestiegener Platzbedarf, der in der engen Altstadt nicht mehr gewährleistet war. Bereits 1878 gab es mehr Hopfenhandlungen im Haingebiet als in der Altstadt. 1899 waren sogar noch Zuwächse dieser Branche in der Hainstraße, an der Promenade und in der dem Bahnhof nahe gelegenen Luitpoldstraße zu verzeichnen.


[10] Loebl (1999) S. 68 ff.

[11] Loebl (1999) S. 295

[12] Eidloth (1988) S. 70