Fränkischer Tag Bamberg, vom 04.08.2001
Ältester Stein mit der Jahreszahl 1626
Studenten pflegen den jüdischen Friedhof in Burgkunstadt - Bürgermeister blickt zurück
BURGKUNSTADT. Im Judenfriedhof am Ebnether Berg wird fleißig gearbeitet. Im Rahmen des internationalen Jugendaustauschs ist auch in diesem Jahr eine Gruppe Jugendlicher aus Italien und Deutschland damit beschäftigt, Pflegearbeiten durchzuführen.
Die 15 Studenten des "Workcamps", die bis zum 19. August in einer Sporthalle untergebracht sind, begrüßte Bürgermeister Heinz Petterich während eines Empfangs im Rathaus. Der Leiter des Fremdenverkehrsamtes, Thomas Besand, hat außerdem ein Programm erstellt, um Land und Leute kennen zu lernen.
Besichtigungen
Besichtigt werden unter anderem historische Gebäude und kulturelle Einrichtungen. Auf dem Programm stehen Wanderungen, Radtouren, Kegeln, der Besuch von Freibädern sowie Ausflüge ins Fichtelgebirge, in den Frankenwald, in die Fränkische Schweiz, in den Thüringer Wald und ins Fränkische Weinland. Auch Treffen mit ortsansässigen Jugendgruppen und Vereinen sind vorgesehen. Außerdem steht eine internationale Jugendbegegnung in der Franken-Akademie Schloss Schney zum Thema "Erinnern für die Zukunft - Nationalsozialistische Verfolgungspolitik und Antisemitismus in Franken" und Veranstaltungen des Jugend-Sommer-Ferienprogramms auf dem Programm.
Für die jungen Menschen sei es äußerst interessant, nähere Einzelheiten über das Leben der Juden in Burgkunstadt und Altenkunstadt und über jüdische Zentren am Obermain zu erfahren. Bis 1914 war Burgkunstadt Sitz eines Distriktrabbinats. Im mehr als 400 Jahre alten Judenfriedhof wurden Bürger aus den beiden Kunstädten und dem Gebiet zwischen Kronach, Kulmbach, Staffelstein und Hollfeld beigesetzt. Ohne Zweifel haben die jüdischen Bürger dazu beigetragen, dass die beiden "Kunstädte" schon frühzeitig kleine Handelsstädte geworden sind. Der jüdische Bevölkerungsanteil betrug zwischen 1800 und 1850 teilweise bis zu 40 Prozent.
Im Verlauf des 13. Jahrhunderts dürften sich in beiden Gemeinden die ersten Juden angesiedelt haben. Die Geschichte ist geprägt von Vertreibung und Wiederzulassungen, Abschließung und Anpassung, Zurücksetzung und Emanzipation und schließlich Vernichtung. 1942 wurden aus Burgkunstadt zwölf und aus Altenkunstadt 13 Juden nach Ostpolen deportiert und dort ermordet. Außer den einstigen Jugendhäusern erinnert heute wenig an Initiativen jüdischer Bürger. In Burgkunstadt findet man in der Kulmbacher Straße, der einstigen "Judengasse", einen Gedenkstein mit einer Bronzetafel am Standort der einstigen Synagoge. Altenkunstadt besitzt die Nachbildung eines Hochzeitssteines an der Außenmauer der Synagoge. Er trägt die Jahreszahl 1726.
Jüdischer Ehrenbürger
Der Rabbiner Johannes Cellarius, 1496 in Burgkunstadt geboren, war wegen seiner Kenntnisse der hebräischen Sprache weithin bekannt und wurde, nachdem er zum Christentum übergetreten war, Professor für Hebräisch an der Universität Leipzig. Ein Straßenname erinnert heute an den berühmten jüdischen Sohn der Stadt. Jonas Löbenstern, langjähriger Schullehrer in Burgkunstadt, wurde 1890 Ehrenbürger der Stadt. Der beträchtliche Rückgang der Juden im Laufe des 19. Jahrhunderts ist vor allem mit der starken Auswanderungswelle zu begründen. Viele sind in die USA, nach Kanada, Australien, Südafrika, aber auch nach Palästina ausgewandert. Dies geschah bereits lange bevor der allgemeine Judenboykott begann und die Nürnberger Gesetze verabschiedet wurden.
Von dieser Auswanderung zeugt ein reger Schriftverkehr, den die Stadt seit Kriegsende mit Nachkommen früherer jüdischer Bürger führt. Auch heute noch kommen Besucher aus aller Welt, die nach ihren Ahnen forschen. Die Stadt hilft, soweit ihr das überhaupt möglich ist. Einziger Anhaltspunkt ist oft der Judenfriedhof am Ebnether Berg.
Im Jahr 1801 lebten in Burgkunstadt rund 400 Juden, 1910 nur noch 110. Die Judenschule diente bis 1851 auch als Synagoge. 1851 kauften die Brüder Moses und Zacharias Sack ein stadtlehnbares Haus am Schindgraben als neues Schul- und Wohngebäude für die israelitische Kultusgemeinde.
Der älteste Grabstein des Judenfriedhofs trägt die Jahreszahl 1626. Zu seiner Benutzung und Unterhaltung hatten sich die Juden von Burgkunstadt, Altenkunstadt, Lichtenfels, Redwitz, Friesen und Maineck zu einem Beerdigungsverein zusammengeschlossen. 1679 musste der Friedhof vergrößert werden. - Um das Bürgerrecht zu erhalten, stellten sich viele Burgkunstadter Juden um. Aus dem Jahr 1853 liegen Berufsangaben von 54 jüdischen Bewohnern vor. Zu diesem Zeitpunkt gab es lediglich 16 Händler und sechs Viehhändler. Damit war der größere Teil nicht mehr im Handel tätig. Um 1900 unterschieden sich die Juden kaum noch von ihren christlichen Mitbürgern. Sie betrachteten Deutschland als ihr Vaterland. Doch selbst der größte Patriotismus der Juden konnte nichts daran ändern, dass sich die allgemeine Stimmung längst wieder gegen sie gewandt hatte. Zum Zeitpunkt der Machtergreifung der Nationalsozialisten lebten noch 54 Bürger jüdischen Glaubens in Burgkunstadt.
Flucht aus Deutschland
Zwischen 1935 und 1939 verließen 16 Juden das Reich auf direktem Weg. Es
waren Angehörige der finanziell gut situierten Firmeninhaber Bannemann,
Lindner, Rothschild und Thurnauer. Weitere 15 Juden zogen in Großstädte. Die
letzten Juden in Burgkunstadt wurden am 24. April 1942 aus dem Ort gebracht. Es
gibt noch Augenzeugen, die sich erinnern, wie zwölf Personen, unter ihnen ein
fünfjähriger Junge, mit ihren wenigen Habseligkeiten zum Bahnhof gebracht
wurden. In den Akten der Stadt wurde dies offiziell mit "nach unbekannt
verzogen" festgehalten.
GR
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bearbeitet am
16. Dezember 2001
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