Quelle: Ft. 21.5.2001

An diesem Tag gab es zum Thema NPD in Herzogenaurach drei Artikel, diese lauteten:

 

Aufmarsch der NPD: Flaschen und Gebrüll

Gegendemonstration zur "Mahnwache" der Rechtsaußen von rund 300 Teilnehmern besucht - Eskalation drohte

HERZOGENAURACH. Vom Runden Tisch war es vor mehreren Tagen schon festgestellt worden: Die Auseinandersetzung zwischen Rechten und Linken in der Stadt hat eine neue Dimension erreicht. Diese Aussage erfuhr am Samstag eine traurige Bestätigung: beide Seiten prallten aufeinander, nur die Einsatzkräfte der Polizei konnten verhindern, dass die Wortgefechte und gegenseitigen Provokationen in einer Massenschlägerei ausarteten.

von Bernhard Panzer

Entwickelt hatte sich die Konfrontation, als die NPD gegen 15 Uhr mit rund 50 Personen zu ihrer Kundgebung auf dem Friedhofsparkplatz aufmarschierte. Zu diesem Zeitpunkt hatten rund 300 Gegendemonstranten die Eichendorffstraße bereits besetzt. Was als lautstarke Blockade rechter Parolen, mit Pfiffen, Brüllen und sonstigem Lärm begann, drohte auszuarten. Erst flogen Eier und Äpfel, dann Toilettenpapierrollen und schließlich Plastikflaschen. Das nahm die Polizei gelassen hin, doch als Glasflaschen geschleudert wurden, mussten die Ordnungshüter eingreifen (siehe auch untenstehenden Bericht).

Friedlicher Beginn

Dabei hatte die von der grünen Stadträtin Karin Peucker- Göbel für 12 Uhr organisierte Gegen-Mahnwache friedlich und föhlich begonnen. Unter den Teilnehmern, die zusehends mehr wurden, befanden sich viele Herzogenauracher Jugendliche, aber auch interessierte Erwachsene. Mit dabei auch Kreisrat Manfred Bachmayer und Kreis-Sprecher Helmut Herzog von den Grünen sowie die grünen Stadträte Karin Peucker-Göbel, Gerda Simon und Fraktionssprecher Bernd Müller. Auch Vertreter des Runden Tischs fanden sich ein, wie z.B. CSU-Stadtrat Franz-Josef Lang. Sein Kollege Walter Drebinger betrachtete die Gegendemo aus sicherer Entfernung per Fahrrad.

Bürgermeister Hans Lang - ihm wurde von Minute zu Minute unwohler in seiner Haut - verließ den Schauplatz erst kurz vor Beginn der Kundgebung im Weihersbach. Mit ihm beobachteten auch Andreas Schmalz und Anita Brunner vom Ordnungsamt am Landratsamt sowie der stellvertretende Leiter der Polizei-Direktion Erlangen, Lothar Galler, die gespenstische Situation.

Beispiel Berlin

Mit verschiedenen Redebeiträgen hatte man von 12 bis 13.30 Uhr noch verdeutlicht, dass man den Rechten friedlich und gewaltfrei den öffentlichen Raum nehmen solle. Helmut Herzog führte im Gespräch mit dem FT das Beispiel Berlin an, als man den Rechten das Brandenburger Tor nicht überlassen und selbst der Bundeskanzler diese Aktion unterstützt habe. Dennoch informierte die Versammlungsleiterin die Teilnehmer, dass um 13.30 Uhr der Platz verlassen werden müsse. Dies sei eine Auflage des Landratsamts. Gleichzeitig aber nannte sie das Beispiel Frankfurt. Da seien die Gegendemonstranten so zahlreich erschienen, dass die Polizei den Platz gar nicht erst für die NPD habe frei machen können.

Das allerdings geschah in Herzogenaurach nicht, da war im Vorfeld bereits der nördliche Teil für die Rechten abgesperrt worden. Aber auch die Gegendemonstranten wichen nicht, im Gegenteil. Immer mehr Teilnehmer, darunter auch Autonome, überwiegend von auswärts, trafen ein. Das Fürther Bündnis gegen rechts verkündete auf einem Transparent Solidarität mit Herzogenaurach, eine Antifaschistische Aktion forderte unter dem Schlagwort "fight the system" eine autonome Gegenkultur. Wieder andere, wohl jüngere Teilnehmer, meinten: "Nazis auf den Mond weil da keine wohnt".

Als schließlich der Zeitpunkt der NPD-Mahnwache näher rückte, war die Gruppe der Gegendemonstranten kaum mehr zu bremsen. Dennoch behielt die Polizei die Lage jederzeit im Griff; man hatte ja auch die Gegendemonstration nach deren offizieller Beendigung um 13.30 Uhr nicht gewaltsam aufgelöst. Ein paar Festnahmen waren dennoch nicht zu vermeiden, wer Glasflaschen in einen Menschenpulk wirft, hat dies selbst zu verantworten. Glücklicherweise blieb die Zahl an Unbelehrbaren gering.

Gewisse Erleichterung

So reagierte auch Bürgermeister Hans Lang abschließend mit einer gewissen Erleichterung, dass es keine größeren Ausschreitungen gegeben habe. Es sei aber sehr bedauerlich, dass Herzogenaurach von gewissen Gruppen als Bühne missbraucht werde. "Das trägt nicht zum positiven Bild der Stadt bei", so Lang gegenüber dem FT.

90 Prozent Auswärtiger bei der NPD und auch ein großer Teil bei den anderen, die versucht hätten, in Herzogenaurach Stimmung zu machen - das ist nicht im Sinne des Bürgermeisters.

Lob an die Polizei

Ein großes Lob zollte Lang der Polizei, der es zu verdanken sei, dass die Aktionen im Rahmen blieben, obwohl es ein paar Mal "haarscharf" gewesen sei.

Lob und Tadel gab's für die Polizei auch von Versammlungsleiterin Karin Peucker- Göbel, die die Gegendemonstration "als sehr gut gelaufen" bezeichnete. Zum einen habe sich die Polizei sehr zurück gehalten und auch den Platz nicht geräumt, zum anderen aber hätte man hinterher, "als die Nazis abmarschierten", die Gruppen trennen können. So aber seien einzelne Antifaschisten verprügelt worden.

Auch seien Personenkontrollen und eine Überprüfung der Taschen, wie auch bei ihr selbst erfolgt, durchaus in Ordnung. Wenn dann aber, nachdem einige Jugendliche sich im Supermarkt mit Eiern eingedeckt haben, die Plastiktüten nicht mehr durchsucht werden, sei dies schon seltsam. Da habe man seitens der Polizei die Eierwürfe wohl bewusst in Kauf genommen. Und auch der Glascontainer sei nur vorübergehend bewacht worden.

Beschämend findet die Stadträtin die Flaschenwürfe. "Das war völlig daneben". Generell aber freute sie sich, dass viele Bürger gekommen waren, um Gesicht zu zeigen.

Vorbildlich organisiert hatte Manfred Braun die Kundgebung im Weihersbach-Gelände. Hier stellte sich heraus, dass man auch auf andere Weise Gesicht zeigen kann als die direkte Konfrontation zu suchen (siehe Bericht auf Seite 12).

 


Neutralität war für die Polizei oberstes Gebot

Rund 100 Einsatzkräfte sorgten bei Kundgebungen für Schutz und Sicherheit

von Stefanie Pemsel

HERZOGENAURACH. Die schwierigste Aufgabe hatte am Tag der Konfrontation zwischen NPD und dem Antifaschistischen Aktionsbündnis die Polizei. Die rund 100 Beamten unter der Einsatzleitung von Edmund Breunig, Leiter der Herzogenauracher Polizeiinspektion, mussten ihrem verfassungsgemäßen Auftrag nachkommen: die Versammlungsfreiheit gewährleisten und Menschen schützen - egal, welcher politischen Gesinnung. Dies stieß - genährt durch die aufgeheizte und gereizte Stimmung am geteilten Friedhofsparkplatz an der Eichendorffstraße - auf Unverständnis vor allem bei Vertretern des linken Lagers.

Oft wurde über ein Verbot der NPD diskutiert, doch "so lange diese Partei nicht als verfassungswidrig gilt, hat die Polizei deren Mitglieder im Notfall zu verteidigen", erklärt Pressesprecher Ralph Koch. Neutralität und Gleichbehandlung lauteten daher am Samstag die Maximen.

Dies war bereits vor Beginn der Antifa-Demonstration um 12 Uhr zu spüren: Jeder Teilnehmer wurde auf Waffen und gefährliche Gegenstände wie Glasflaschen oder Tränengas, verfassungswidrige Plakate und Transparente durchsucht. Vermummungen waren per Entscheid des Ansbacher Verwaltungsgerichts verboten und wurden abgenommen. Mit Video- und Fotoaufnahmen hielten die Polizisten alle Vorkommnisse und Personen fest.

Die Beamten aus den Polizeidirektionen Nürnberg, Erlangen, Fürth und Herzogenaurach standen in permanentem Funkkontakt, um ihren Kollegen auffällige Ereignisse oder Personen zu melden und mögliche Auseinandersetzungen bereits im Vorfeld zu unterbinden. So wurde ein Demonstrant aus der rechten Szene vor Beginn der NPD-Veranstaltung um 15 Uhr festgenommen, da er einen Hammer bei sich hatte.

Seine politischen Gesinnungsgenossen hielt die Polizei von Anfang an auf Distanz zu den Antifaschisten. Sie wurden vom oberen Ende der Eichendorffstraße zum Friedhofsparkplatz geführt. Ihre Gegner mussten auf ihrer Seite des Parkplatzes bleiben. Eine Kette aus Beamten, Polizeihunde und so genannte Wellenbrecher hielten die Lager zu ihrem eigenen Schutz rund 15 Meter voneinander getrennt. Die Polizisten selbst - darunter Beamte so genannter Unterstützungskommandos (USK) - schützten sich mit Helmen und schusssicheren Westen. Daran prallten Eier, Äpfel, Dosen und Plastikflaschen ab, die die Gegendemonstranten ins rechte Lager warfen. Als jedoch Glasflaschen flogen, schritten die Beamten ein und nahmen vier Vertreter des linken Lagers fest.

Die Beschimpfungen wurden wüster, die Provokationen deutlicher. Plötzlich suchten die rechten Demonstranten die Konfrontation mit ihren Gegnern und wollten die Polizeibarriere durchbrechen. Die Beamten hielten sie jedoch in Schach.

Nochmals eingreifen musste die Polizei nach beim Abzug der NPD. An der Kreuzung Rathgeber/Karl-Bröger-Straße trafen etwa zehn rechte und 90 linke Demonstranten aufeinander. Nach ersten Ermittlungen blockierten die Vertreter der linken Szene die Weiterfahrt ihrer Gegner. Bevor es jedoch zu Auseinandersetzungen kam, schritt die Polizei ein.

In einer Rückschau zeigte sich die Einsatzleitung zufrieden mit ihrer Taktik der Prävention statt Konfrontation.

 

Standpunkt

Flaschen sind der falsche Weg

von Bernhard Panzer

A n zwei Schauplätzen demonstrierten Herzogenauracher Bürger am Samstag gegen rechte Gewalt, die NPD und den Faschismus. Vorbildlich organisiert und sehr nachdenklich stimmend die Kundgebung im Weihersbach. Bei Redebeiträgen und Musik waren sich rund 300 Bürger einig: Rechte Gewalt hat in Herzogenaurach nichts verloren. Rechter Gewalt ist aber auch nicht mit Gegengewalt entgegenzutreten.

Anders das Szenario anschließend an die direkte Gegendemo zur NPD-Mahnwache. Gesicht zeigen, hieß die Devise, Aug' in Aug' könnte man ebenso sagen. Erst mit Pfiffen und Lärm, dann mit Wurfgeschossen, auch der gefährlichen Art, wurde versucht, die Mahnwache der Rechtsaußen zu stören.

Und diese griffen diesmal zu Mitteln, die sie bisher nicht an den Tag gelegt hatten. Sie standen nicht mehr nur provozierend grinsend, aber ruhig ausharrend hinter ihren Transparenten. Vielmehr wurden die Rechten radikal, versuchten die Polizei- Blockade zu durchbrechen.

Sehr wahrscheinlich, dass weitere Aufeinandertreffen dieser Art dazu beitragen, dass die Gewalt eskaliert. Solche Konfrontation ist absehbar, so hat die NPD bereits die nächste Mahnwache angekündigt. Und zwar auf dem Marktplatz, sobald die Innenstadt-Baustelle geräumt ist.

Herzogenauracher Bürger sollten sich nicht aufteilen lassen in die Gruppe der gemäßigten Demokraten, die "brav" ihre Meinung sagen, und in die Gruppe derer, die schon mal bis zur direkten Konfrontation ausharren. Zu groß ist die Gefahr, dass man dann Seit' an Seit' mit Flaschenwerfern steht, die demokratischen Widerstand für eigene Zwecke zu missbrauchen wissen.

Herzogenauracher Bürger sollten miteinander an einem Strang ziehen, und da hat Gewaltbereitschaft nichts verloren. Ebenso ist fraglich, ob eifrig zusammengetrommelte "Demonstrations-Touristen" der Sache wirklich einen guten Dienst erweisen.

Darüber sollte man nachdenken, bevor der nächste Auftritt der NPD ins Haus steht. Vielleicht aber kommt es gar nicht so weit, aber das hängt auch davon ab, wann diese Partei endlich offiziell verboten wird.

 

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
24. Mai 2001


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