Quelle: Ft. 19.5.2001

Das Gericht beschließt:
NPD darf demonstrieren

Auch die Gegendemo wird zugelassen

von Bernhard Panzer

HERZOGENAURACH. Jetzt ist das eingetreten, was schon zu befürchten war: Die NPD darf heute demonstrieren. Das Verwaltungsgericht in Ansbach hat gestern einen entsprechenden Beschluss gefasst. Ebenso darf die, zeitlich vor der NPD-Mahnwache (16 Uhr) gelegene Gegendemo stattfinden, die von der grünen Stadträtin Karin Peucker- Göbel ebenfalls auf dem Friedhofsparkplatz angemeldet worden war. Diese muss allerdings um 13.30 Uhr beendet sein. - Auf zahlreiche Teilnahme der Herzogenauracher Bürger hoffen Stadt und "Runder Tisch" für ihre eigene Kundgebung, die am Nachmittag von 16 bis 18 Uhr im Weihersbach stattfindet.

Das Landratsamt hatte mit Bescheid vom Donnerstag die Mahnwache "gegen linke Intoleranz" verboten und sofortigen Vollzug angeordnet. Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte der NPD, Rechtsanwalt Frank Miksch aus Nürnberg, Widerspruch ein und beantragte, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Diesen Antrag betrachtete das Gericht als zulässig, der Bescheid des Landratsamts hingegen wurde als rechtswidrig bezeichnet.

Begründung

In der Begründung wurde ausgeführt, das Landratsamt habe nicht nachvollziehbar darlegen können, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Versammlung gefährdet sei. Die 5. Kammer mit Vorsitzendem Richter Nagel führte auch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und die Tatsache, dass die NPD bislang nicht verboten ist, an.

Auch für die Annahme des Landratsamts, bei der Mahnwache handle es sich um eine unfriedliche Versammlung, gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Auch die Flugblattaktion der "Fränkischen Aktionsfront" rechtfertige diese Annahme nicht. Im übrigen sei die NDP mit der "Fränkischen Aktionsfront" offensichtlich nicht identisch.

Furcht vor Waffen

Das Landratsamt hatte des Weiteren die Befürchtung geäußert, die Teilnehmer der Mahnwache könnten Waffen mit sich führen. Der genannte Vorfall vom vergangenen Samstag rechtfertige diese Annahme nicht, zumal nicht feststehe, ob der Täter der NPD zugerechnet werden kann.

Auch die Befürchtung des Landratsamts, im Hinblick auf die beabsichtigte Gegendemonstration könne es zu Gewalttätigkeiten kommen, dürfe kein Verbot der Mahnwache nach sich ziehen. Es sei Aufgabe der Polizei, auf die Verwirklichung des Versammlungsrechts hinzuwirken.

Und letztlich sei auch das von der NPD nicht vorgelegte Sicherheitskonzept kein Argument für das Verbot. Sie sei hierzu nicht verpflichtet.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte unlängst eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben, der ein durch die Stadt Augsburg ausgesprochenes Versammlungsverbot bekräftigt hatte. Der Beschluss wurde als rechtlich nicht tragfähig eingestuft.

Kein Widerspruch

Offenbar veranlasste auch diese Rechtsprechung von oberster Stelle das Landratsamt nun, gegen die Zulassung der Mahnwache durch das Verwaltungsgericht Widerspruch einzulegen. Es gebe keine Chance auf Erfolg, so Andreas Schmalz vom Landratsamt.

 


Lesermeinung dazu:

Kein Nährboden für braune Saat

Die NPD und eine "Fränkische Aktionsfront" aus Nürnberg haben für heute eine Kundgebung angekündigt. Die Rechtsradikalen suchen in Herzogenaurach eine Bühne, um ihren Hass und ihre ausländerfeindlichen Parolen zu inszenieren. Wir sollten ihnen heute deutlich zeigen, dass sie in Herzogenaurach unerwünscht sind und dass sie in dieser Stadt keinen Nährboden für ihre braune Saat finden.

Die Neonazis wollen den Rechtsstaat abschaffen; andererseits nützen sie das Demonstrationsrecht für ihre Aktionen. Die Polizei muss die Nazikundgebung vor Gegendemonstranten schützen. Hierdurch entsteht ein höchst problematischen Bild, das vor allem den Rechtsradikalen gefällt: Polizei schützt Nazis vor Bürgern, die sich gegen den braunen Spuk wenden.

Wie in den vergangenen derartigen NPD-Kundgebungen werden neben vielen Jugendlichen und Erwachsenen Herzogenaurachs heute vermutlich auch eine größere Zahl Demonstranten anreisen, die der "Antifa" , den "Autonomen" oder ähnlichen Gruppierungen zuzurechnen sind. Sie treten auch gegen Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit ein. Sie sind jedoch sehr ideologisch geprägt; für sie zeigt das Bild von der Polizei, die das Demonstrationsrecht bei Nazikundgebungen schützt, wie sehr sich der Staat schon zum Handlanger der Neonazis gemacht hat. Sie skandieren: "Deutsche Polizisten schützen die Faschisten".

Sie meinen, dagegen helfe nur ein militantes Vorgehen und sie fühlen sich zu dieser Militanz auch moralisch berechtigt; dementsprechend suchen sie die Konfrontation und zeigen eine hohe Gewaltbereitschaft. Auch für sie bildet die Veranstaltung am Samstag eine Bühne, auf der sie ihr ideologisches Weltbild inszenieren können. Dabei tun sie gerade das, was sich die NPD sehnlichst wünscht: Ein Herzogenaurach, geprägt von linksextremer Gewalt.

Die Herzogenauracher Bürger sollten sich ihr Handeln nicht von anderen diktieren lassen. Es geht am Samstag darum, Gesicht zu zeigen gegen die alten und neuen Formen des Nazitums, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und für ein Herzogenaurach, in dem die Menschenwürde, die Toleranz und die Weltoffenheit hoch gehalten werden. Es geht auch darum, der Konfrontation mit der Staatsmacht, die vermutlich einige gewaltbereite Demonstranten suchen werden, eine deutliche Absage zu erteilen. Herzogenaurach gehört nicht den Extremisten, sondern den verantwortlichen Jugendlichen und Erwachsenen, die Gesicht zeigen und für die Menschenrechte eintreten.

Hans Schmid,Am Gründla 9, 91074 Herzogenaurach

 

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
24. Mai 2001


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