Quelle: Ft vom 3.4.2001 (Internet - Haßberge)

In Wort und Musik
gegen Extremismus

Abschlussabend der Ausstellung des Lions-Clubs

HASSFURT. Zu der durchdachten Abschlussveranstaltung der Sonderausstellung "Es betrifft Dich! Demokratie schützen - Gegen Extremismus in Deutschland" lädt der Organisator, der Lions-Club, ein. Am Freitag, 6. April, sind eine Buchautorin sowie Mitglieder der Bamberger Symphoniker im Schulzentrum zu Gast.

Hochaktuell ist das Buch "Unter Glatzen" von Christiane Tramitz. Die junge Frau berichtet atemberaubend von ihren Begegnungen mit Skinheads, den Mitgliedern der rechten Szene in Deutschland. Christiane Tramitz wird am Freitag nach Haßfurt kommen und aus ihrem Buch vorlesen.

Musikalisch eingebettet ist diese Autorenlesung in die Darbietungen zweier Mitglieder der Bamberger Symphoniker: Boguslaw Lewandowski und Andreas Weimer spielen als "Duo du Salon" unter dem Motto "Musik kennt keine Grenzen". Die Veranstaltung beginnt um 18.30 Uhr.

Angesehene Künstler
mit Format

Boguslaw Lewandowski (Violine) wurde in Warschau geboren und ist seit 1981 Mitglied der Bamberger Symphoniker. Sein besonderes Augenmerk liegt auf der Salonmusik des Fritz Kreisler sowie den virtuosen Stücken der berühmten Stehgeiger George Boulanger und Barnabas von G”ezy. Gesuchter Solist und Kammermusiker ist Andreas Weimer (Klavier). Er ist ferner Lehrbeauftragter für Klavier an der Bamberger Universität. Das "Duo du Salon" spielt eigene Bearbeitungen nach historischen Aufnahmen - sicher ein besonderes Erlebnis.

 

 

Quelle: Fränkischer Tag  Bamberg, vom 9.4.2001 (Internet - Haßberge)

Aus Geprügelten werden Schläger

Skinhead-Expertin Christiane Tramitz war zu Gast beim Lions-Club Haßberge

HASSFURT. "In Wort und Musik gegen Extremismus" hieß es in einer Ankündigung für die Abschlussveranstaltung zur Ausstellung des Lions- Clubs Haßberge "Es betrifft Dich! Demokratie schützen - Gegen Extremismus in Deutschland" am Freitagabend im Schulzentrum in Haßfurt.

Eine Veranstaltung, die wechselnde Gefühle erzeugte. Denn auf der einen Seite zeigte das "Duo du Salon" mit dem fantastischen Geiger Boguslaw Lewandowski aus Polen und einem nicht weniger guten Pianisten Andreas Weimer aus Deutschland, mitunter noch mit anderen Musikern verstärkt, sein Können. Auf der anderen Seite drohte hinter den Künstlern als Kulisse ein glatzköpfiger Skinhead mit einer NPD-Fahne. Große Gegensätze, die es zu überwinden galt. Zumal bei diesem Konzert mit Autorenlesung Dr. Christiane Tramitz mit Auszügen aus ihrem aktuellen Buch "Unter Glatzen" nicht gerade leichte Kost anbot. Der Vorsitzende des Lions-Clubs im Landkreis Haßberge, Hans-Joachim Brandt, sagte, dass es nicht so einfach gewesen sei, an Frau Tramitz heranzukommen, denn man sei zu Recht vorsichtig, wenn man aus der rechten Szene berichte.

Christiane Tramitz schilderte zu Beginn ihrer Lesung, wie ihr neuestes Buch aus einem Forschungsauftrag des Bundesinnenministeriums entstanden ist. Dabei wurden im gesamten Bundesgebiet mit Gewaltverbrechern aus der Skinheadszene Interviews geführt, die oft mehrere Stunden dauerten, wobei die Teilnahme daran freiwillig war. Interessant war zu erfahren, dass die Autorin, selbst Mutter von Zwillingen, das Leben der Skins stets mit den Augen einer Mutter betrachtete. Denn die Gründe für das später oftmals sehr brutale und auffällige Verhalten liegen in der frühen Jugendzeit der Gewalttäter, sagte sie. Für alle Zuhörer erschreckend, musste Frau Tramitz feststellen, dass alle befragten brutalen Skins eine Kindheit durchleben mussten, in der sie oft geschlagen wurden.

Mit teilweise wörtlich wiedergegebenen Interviewpassagen führte Frau Tramitz dann den Zuhörern den "Aufstieg" des kriminell gewordenen Jungen "Robert" vom normalen Schüler bis hin zum Schläger in der Skinheadszene vor Augen. Auslöser dabei war ein zerrüttetes Elternhaus mit einer alkoholabhängigen und spielsüchtigen Mutter und einem kranken Vater, der erst dann aufhörte seine Frau und seinen Sohn zu quälen, als dieser im Alter von 16 Jahren zum ersten Mal zurückschlug. Die Autorin setzte sich auch mit den Gefühlen der Befragten auseinander. So dürfe in dieser Szene in der Gruppe niemand Angst zeigen, denn Angst sei ein Zeichen von Schwäche.

Es war ein zum Nachdenken anregender Abschlussabend des Lions-Clubs Haßberge zu einer vor allem von Jugendlichen gut besuchten Ausstellung, die in Frau Yvonne Kohn- Wolf noch einen besonderen Gast hatte. Yvonne Kohn-Wolf ist District-Governor der Lions- Clubs für Franken-Oberpfalz und Niederbayern. In einer kurzen Ansprache ging auch sie auf die Besonderheiten des Abends ein, denn in diesem Fall sei die "Activity" des Lions- Clubs Haßberge einmal anders als das, "was Sie, meine Damen und Herren, sonst als soziales Engagement und gesellschaftliches Programm der Lions kennen und schätzen". Frau Kohn- Wolf räumte aber auch ein, dass es die Möglichkeiten eines Lions-Clubs übersteige, solchen in die rechte Szene abgerutschten Menschen zu helfen. Sie sehe die Chance der Lions- Clubs aber in zwei Programmen: "Klasse 2000" und "Lions-Quest-Erwachsenwerden", mit denen von vornherein versucht werde, solchen Entwicklungen entgegenzuwirken. "Hoyerswerda ist näher, als es uns lieb ist. Unsere Demokratie muss erhalten, muss lebendig gehalten werden. Nichtstun, die Augen verschließen oder Idylle zu malen, wo keine sind, hilft nur den anderen." Mit diesen Worten schloss sie ihre Rede, die hineinpasste in einen Abend mit einem Wechselbad der Gefühle.
sn

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
09. April 2001


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