Quelle: Fränkischer Tag Bamberg, vom 30.4.2001

Kulturelle Vielfalt ohne Abgrenzung

Theater hatte in die frühere Post-Versteigerungshalle eingeladen und viele kamen

Die Wohlgerüche orientalischer Küche schlugen den Besuchern entgegen, die am Freitagabend die ehemalige Versteigerungshalle der Post an der Memmelsdorfer Straße betraten. Das E.T.A.-Hoffmann-Theater hatte in sein Ausweichquartier zum Fest unter dem Motto "Kultur für Toleranz" eingeladen. Es sollte ein voller Erfolg werden. Mehrere hundert Menschen zeigten mit ihrer Teilnahme Flagge gegen rechtsradikale Tendenzen und Ausländerfeindlichkeit.

von Leopold Teuscher

Das Ensemble des Theaters hatte die Initiative zu diesem Fest ergriffen und ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, das die in Bamberg gelebte kulturelle Vielfalt widerspiegelte. Es reichte vom indonesischen Lichtertanz über russische und türkische Musik bis hin zu Kabarett und Improvisationstheater.

Der provisorische Theatersaal war bis auf den letzten Platz besetzt, als das vierstündige Nonstop-Programm begann. Viele mussten sich mit Stehplätzen begnügen oder nahmen am Boden Platz. Unter den vielen Gästen sah man auch politische Prominenz, allen voran Oberbürgermeister Herbert Lauer und Kulturreferent Bürgermeister Werner Hipelius.

Keine Bedrohung,
sondern Bereicherung

Mit Texten machten Ensemblemitglieder auf das Anliegen des Abends aufmerksam: Rassismus und Gewalt gegen Menschen gleich welcher Herkunft in unserem Land Paroli zu bieten und zu zeigen, dass das scheinbar Fremde keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung unseres Lebens ist.

Betroffen machte die Verlesung jenes Flugblattes, mit dem der sog. Bund Frankenland im Stadtteil Südwest Stimmung gegen aus dem Ausland zugezogene Mitbewohner gemacht hatte. Betroffen machte auch die Schilderung von Fällen, in denen Asylsuchende von Neonazis bedroht und krankenhausreif geschlagen worden waren. Ihnen hilft der Verein Opferperspektive, für den während des Abends Spenden gesammelt wurden.

Mit einem "Neonazi" sah sich das Publikum später selbst konfrontiert: beim Mitmach- Stück "Angst und Gewalt", das Chapeau Claque in den Schulen aufführt. Diesmal wurden die Erwachsenen (und ein paar Kinder) von einem Halbwüchsigen mit Bomberjacke, Baseballschläger und rechtsradikalem Geschwätz provoziert. Einen Türken solle er "aufklatschen", verlangt er von seinem "Freund" als Gegenleistung für ein Freibier in Neonazi-Runde. Doch der zögert und erhofft sich Gegenargumente und Hilfe vom Publikum. Manchem mag die Spucke weggeblieben sein angesichts der dumm-dreisten Behauptungen über Ausländer, wie man sie nicht nur von "Glatzen", sondern auch von Biedermännern am Stammtisch hören kann. Nur so kann man sich erklären, dass sich der Widerstand erst Bahn brechen musste. Am Ende siegte die Zivilcourage: Als der Neonazi seinen Sprüchen Prügel folgen lassen will, wird er gemeinschaftlich überwältigt. Alles nur ein Spiel? Diesmal schon.

Klezmermusik und
Karl Valentin

Für diese Szene gab es tosenden Beifall. Den bekamen aber auch alle anderen Akteure, die - selbstverständlich kostenlos - mitwirkten. Da waren Martin Neubauer und Eva Bauer, die Karl Valentins "Die Fremden" zum Besten gaben, da war das Klezmertrio Fialke aus Erlangen, das dem Abend ein Stück jüdischer Musikkultur hinzufügte, da war H. Ajunkowski, der zur Gitarre mit russischen Liedern das Publikum begeisterte, da war Mäc Härder, der ein Schlaglicht auf seine Kindheit warf und seine Jonglierkünste demonstrierte. Da waren die Anonymen Improniker, die sich vom Publikum das Geschehen diktieren ließen, da war der Türkisch- Alevitische Verein mit melancholischer Musik, da war noch einmal Martin Neubauer mit Lyrik (bemerkenswert Mehrings "Arier-Zoo") und im Duett mit dem improvisierenden Cello-Virtuosen Karl-Heinz Busch. Da waren Arndt Rühlmann und Jürgen Heimüller mit Chansons, die Bamberger Boygroup Toyzone, Body and Soul mit Afro Dance und Trommeln. Und da waren immer wieder rezitierend die Schauspieler des Theaters samt Bühnentechnikern und viele andere, die hier nicht genannt werden können.

Ein gelungener Abend in heiterer, gelöster Stimmung und ein klares Bekenntnis zur kulturellen Vielfalt ohne Abgrenzung.

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
30. April 2001


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