Quelle: Nordbayerischer Kurier Bayreuth, vom 6.3.2001

Grenzen müssen nicht sein

Friedliche Diskussion von Juden, Christen und Muslimen - Großes Interesse

 

BAYREUTH

„Was verbindet uns, was trennt uns?" Diese Frage stellte Marta Bubeck, die Leiterin der Evangelischen Erwachsenenarbeit, einem Juden, einem Muslim und einer evangelischen Pfarrerin. Die Podiumsdiskussion, die in der evangelisch-reformierten Kirche stattfand, stieß auf großes Interesse. Über 100 Bayreutherinnen und Bayreuther hörten nicht nur aufmerksam zu, sondern sie stellten auch viele Fragen.

Zum Gespräch der Religionen hatten Marta Bubeck (Evangelische Erwachsenenarbeit, links) und Pfarrer Holger Balder (evangelisch-reformierte Kirche, rechts) eingeladen. Es diskutierten (von links) Rabbi David Goldberg, Pfarrerin Dr. Jutta Sperber, Pfarrer Dieter Krabbe (Moderator) und der Leiter des Islam-Zentrums in Nürnberg, Dr. Mohamed Ali EI-Mahgary. 

Foto: Pöln

Als Moderator des Abends fungierte Pfarrer Dieter Krabbe, der seit elf Jahren bei der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde St. Martha in Nürnberg tätig ist. Zuvor war er Pfarrer an der evangelischen Erlöserkirche in Jerusalem, und sechs Jahre lang leitete er die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Franken. Er appellierte einleitend an die Diskussionsredner, zwar das Trennende nicht zu verschweigen, aber vor allem die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Dieser Wunsch wurde ihm weitgehend erfüllt.

Der in Jerusalem geborene Rabbi David Goldberg, dessen Vorfahren seit 150 Jahren in Palästina leben und der seit drei Jahren von Hof aus die Israelitischen Kultusgemeinden in Oberfranken, der Oberpfalz und in Thüringen betreut, vertrat die Meinung, Gott habe die Menschen geschaffen, damit die Welt ein wenig besser wird. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Menschen sich vertragen, oder, wie Pfarrer Krabbe es interpretierte, sich gegenseitig Gutes tun aus einem Gefühl der Dankbarkeit für Gott. Es sei wohl nicht Gottes Wille, so machte der Rabbi deutlich, dass die Menschen mit Rassen, Sprachen und Religionen Barrieren aufrichten.

Pfarrerin z. A. Dr. Jutta Sperber, die an der Friedenskirche in Bayreuth tätig ist, vertraf die Meinung, dass Judentum und Christentum ihre Kraft aus den gleichen Wurzeln schöpfen. Dies werde im Alten Testament ganz besonders deutlich. Pfarrer Krabbe wies demgegenüber darauf hin, dass man die Spannungsfelder, die es dennoch zwischen den Religionen gibt, nicht leugnen sollte. Wichtig ist für ihn, dass man den anderen in seiner Eigenart kennen und schätzen lernt. Außerdem sollte man sich stets vor Augen halten, dass in religiösen Fragen keiner im Besitz der ganzen Wahrheit ist.

Tolerante Religion

Der frühere Siemens-Ingenieur Dr. Mohamed Ali El-Mahgary, der in Kairo geboren wurde, seit 1954 in Deutschland lebt und das Islam-Zentrum in Nürnberg leitet, berichtete, dass Mohamed ursprünglich keine Vorurteile gegen Juden und Christen hatte. „Über Jesus und seine Jünger steht alles im Koran", sagte er. Zwischen Juden und Muslimen habe es keinerlei Probleme gegeben - bis der Staat Israel gegründet wurde.

Auch Pfarrer Krabbe räumte ein, dass der Islam einmal eine sehr tolerante Religion war. Das gute Verhältnis zwischen Moslems und Christen sei erst durch die Kreuzritter zerstört worden. Heute dürfe man aber nicht übersehen, dass es im Islam verschiedene Richtungen gibt, die über den Umgang mit anderen Religionen unterschiedliche Vorstellungen haben.

Rabbi Goldberg meinte dann, im Koran stünde 13-mal, „wer kein Moslem ist, ist zu töten". Dr. El-Mahgary bestritt dies - außerdem sei es ja auch nicht geschehen. In den Augen der Moslems seien Christen Menschen, die an Gott glauben und die auch ins Paradies kommen können.

Natürlich war auch der Staat Israel ein Thema des Abends. Hier wies Rabbi Goldberg darauf hin, dass Palästina sehr dünn besiedelt war. „Der Platz hätte für Juden und Araber gereicht", meinte er. Zur heutigen Politik des Staates Israel erinnerte Goldberg daran, dass nur 30 Prozent der Einwohner religiöse Juden sind. „Da geschieht vieles gegen die Religion", stellte er fest. Zum Schluss fragte Marta Bubeck die drei Diskussionsredner, wie sie sich Deutschland in 20 Jahren vorstellen. In Bayreuth, so meinte Jutta Sperber, werde sich wohl nicht viel ändern, aber sie glaubt, dass Gespräche zwischen den Religionen zur Selbstverständlichkeit werden. El-Mahgary ist sicher, dass in 20 Jahren in Nürnberg eine große Moschee steht. Für wichtiger hält er es aber, dass dann in den Schulen muslimischer Religionsunterricht genauso selbstverständlich ist wie christlicher. Rabbi Goldberg konnte sich zu keiner Vorhersage entschließen. Er sagte: „Ich weiß nicht einmal, was morgen kommt." Allerdings hofft auch er auf mehr Kontakte zwischen den Religionen, ww

ta

 

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
31. März 2001


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