Quelle: Fränkischer Tag Bamberg, vom 28.02.03

„Ich bin nur eine einfache Frau..“

Zur NS-Zeit Mut bewiesen: Kunigunde Lieb feiert ihren 95. Geburtstag

Kunigunde Lieb beging gestern im Walburgisheim ihren 95. Geburtstag. So bescheiden die alte Dame wirkt, so viel Mut bewies sie in ihrem Leben. Vor knapp zwei Jahren wurde die gebürtige Pferdsfelderin von Bürgermeister Werner Hipelius für ihre während des Nationalsozialismus vollbrachten „kleinen Heldentaten" geehrt (der FT berichtete). Sie selbst blieb ganz bescheiden: „Ich bin nur eine einfache Frau, um Politik habe ich mich nie gekümmert." 

 


Zum 95. Geburtstag kam der Oberbürgermeister und brachte einen
 guten Tropfen mit: Jubilarin Kunigunde Lieb. FT-Foto: Rudolf Mader

 

Kunigunde Lieb wurde 1929 als 21-jährige Vollwaise bei der damals hoch angesehenen jüdischen Bürgerfamilie Löbl in Bamberg angestellt. Mit ihrer Arbeitgeberin Karoline Löbl verband sie bald ein inniges freundschaftliches Verhältnis. Um so erschreckender war es für Kunigunde Lieb, als die Wohnung der Löbls in der Luitpoldstraße nach der Reichspogromnacht aufgelöst werden musste. Die Witwe Karoline Löbl musste mit ihren Kindern zunächst zu dem jüdischen Kinderarzt Dr. Bauchwitz in die Hainstraße ziehen, dann in den zur Judensammelstelle umfunktionierten Gasthof „Weiße Taube". Von dort aus wurde sie 1942 ins Konzentrationslager deportiert. Ihre Kinder konnten ins Ausland emigrieren.

Kunigunde Lieb wurde vom Arbeitsamt dem damaligen nationalsozialistischen Oberbürgermeister Lorenz Zahneisen zugewiesen. Dort blieb sie trotz drohender Lebensgefahr ihren religiösen und ethischen Grundsätzen treu. Von ihren sonntäglichen Gottesdienstbesuchen ließ sie sich nicht abbringen und auch den Hitlergruß sprach sie nicht aus. Ihre ehemalige Arbeitgeberin versorgte sie heimlich mit koscheren Lebensmitteln und schickte ihr, nach deren Deportation, ein Paket mit Kuchen ins Konzentrationslager. 

Kunigunde Liebs Hilfsbereitschaft blieb Löbls Angehörigen in aller Welt im Gedächtnis. In der Nachkriegszeit schickten sie ihr Care-Pakete. Und Dr. Herbert Löbl, der heute in England lebt, setzte Kunigunde Lieb in seinem Buch „Hausangestellte - Treue in Extremis" ein kleines Denkmal.

 

 

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
04. März 2003


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