Quelle: Nordbayerischer Kurier Bayreuth, vom 22.2.2001

Rechtsradikalismus gestern und heute

BAYREUTH. „Die Gesamtzahl der fremdenfeindlich motivierten Straftaten in Oberfranken ist im Jahr 2000 im Vergleich zum Vorjahr um rund 30 Prozent gestiegen", so Dieter Fischer, Leiter des Staatsschutzkommissariats der Polizeiinspektion Bayreuth. Zusammen mit Dr. Christoph Rabenstein informierte er am Dienstagabend bei einer Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen über „Rechtsradikalismus in Bayreuth -gestern und heute". Auch wenn diese Erhebung Delikte wie Hakenkreuzschmierereien beinhalte, so Fischer weiter, dürfe man das Thema nicht bagatellisieren.

 

Einen Bericht über die Veranstaltung :

Mehr Straftaten von Neonazis

In Oberfranken nahmen fremdenfeindlich motivierte Delikte um 30 Prozent zu

BAYREUTH 
Von Susanne Schmalz

Rechtsradikales Gedankengut - das sei in Bayreuth schon zu Beginn der Weimarer Republik ein Thema gewesen. Heute ist die Lage zwar noch einigermaßen entspannt, die Zahl der Übergriffe steige jedoch stetig, so dass man wachsam bleiben müsse - so der Tenor zweier Vorträge zum Thema Rechtsradikalismus in Bayreuth.

„Oberfranken zeigte schon sehr früh, schon in der ersten Phase der Weimarer Republik, rechtsradikale Tendenzen", sagte Dr. Christoph Rabenstein bei einer Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen. Und das belegte der Historiker und SPD-Landtagsabgeordnete mit Zahlen.

Völkischer Block

Bereits 1924, als im Rest des Deutschen Reichs nur 6,6 Prozent den Völkischen Block, eine „Ersatzpartei" für die verbotene NSDAP, wählten, bekam diese Partei in Oberfranken 24,5 Prozent und in Bayreuth sogar 40,5 Prozent der Stimmen.

Und wie ist ein solch erschreckendes Ergebnis zu erklären? Da habe es zum einen Identitätsprobleme gegeben, sagt Rabenstein.

Nach der Ablösung der Markgrafen 1793 sei Bayreuth erst preußisch, dann französisch geworden, und 1810 sei das Gebiet Bayern angegliedert worden, was zunächst wenig Gegenliebe hervorgerufen habe.

Ein zweiter Grund: „In Bayreuth fehlte ein konservatives Auffangbecken." Die Bayerische Volkspartei habe in der Stadt kein Wählerpotenzial gefunden.

Hitler liebte Bayreuth

Daneben gebe es noch Bayreuthspezifische Gründe: „Hitler liebte Bayreuth wegen seiner Festspiele und wertete die Stadt auf. Er machte Bayreuth und nicht etwa Regensburg zur Gauhauptstadt Bayerische Ostmark. Die Bevölkerung war ihm für die Aufwertung ihrer Stadt sehr dankbar, und das zeigt sich in den Wahlergebnissen", so Rabenstein.

Und heute? „Manche Orte, die in der NS-Zeit NSDAP-Hochburgen waren, sind auch heute NPD-Hochburgen. Aber im Unterschied zur Weimarer Republik, in der die Nationalsozialisten zumindest toleriert wurden, hat unser Staat heute ein demokratisches Bewusstsein." Das zeige sich auch an der nach Rabensteins Meinung kolossalen Gegenwehr bei NPD-Aufmärschen.

Nach oben geschnellt

„Fremdenfeindlich motivierte Straftaten sind im Jahr 2000 im ganzen Bundesgebiet nach oben geschnellt", so Dieter Fischer, Leitendes Staatsschutzkommissariats der Polizeiinspektion Bayreuth.

In Oberfranken sei mit 169 Straftaten ein Anstieg von rund 30 Prozent zu verzeichnen. Ein Großteil davon, nämlich 118 Taten, entfalle dabei auf Delikte wie zum Beispiel Hakenkreuzschmierereien. Gewaltdelikte habe es in Oberfranken zwei gegeben. „Eine gesonderte Erhebung für den Raum Bayreuth gibt es bisher noch nicht."

 

Das Staatsschutzkommissariat, das Fischer seit November leitet, bearbeitet alle politisch motivierten Straftaten - seien sie von rechts, von links oder auch von Ausländern verübt. „Wichtiger als die Aufklärung der Fälle ist uns jedoch die Prävention. Wir versuchen die Straftaten schon im Vorfeld zu verhindern, was nicht immer so leicht ist", so Fischer. Dazu würden einschlägige Treffpunkte kontrolliert, Razzien durchgeführt und eng mit anderen Behörden, wie dem Jugendamt, zusammengearbeitet.

Feiern und trinken

„Für viele Jugendliche ist die rechtsextreme Ideologie zunächst gär nicht wichtig", so Fischer. „Die wollen feiern und dabei trinken." Die Gruppe vermittle Geborgenheit, steigere das Selbstwertgefühl. „Wir weisen Jugendliche immer auf die Konsequenzen ihrer Tat hin, versuchen sie zum Umdenken zu bewegen."

Noch sei dem Staatsschutzkommissariat keine gewaltbereite Gruppe in Bayreuth bekannt, trotzdem dürfe die Thematik keinesfalls verharmlost oder bagatellisiert werden. Die Polizei werde zu diesem Zweck auch die kleinsten Straftaten konsequent verfolgen - und die Bevölkerung solle weiterhin die Augen offen halten, appellierte Fischer an die Zuhörer.

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
31. März 2001


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