Quelle: Fränkischer Tag Bamberg, vom 14.2.2001

"Unerträgliche Rechthaberei"

 

72-jähriger pensionierter Deutschlehrer wegen Volksverhetzung verurteilt.

  Das Urteil wollte er nicht persönlich „entgegennehmen": In Abwesenheit wurde am Montag ein 72 Jahre alter pensionierter Deutschlehrer wegen Volksverhetzung und Beleidigung schuldig gesprochen und zu einer Haftstrafe von vier Monaten verurteilt.

von Gertrud Glössner-Möschk

Er hatte sich, wie ausführlich berichtet, während der Sandkirchweih im vergangenen August in einer Weinstube als „national" und „völkisch" bezeichnet und rassistische Äußerungen von sich gegeben, in denen er farbigen Menschen die Existenzberechtigung absprach. Darauf hin war es zum lautstarken Streit mit anderen Gästen gekommen, die sich solche Sätze verbaten.

Obwohl fünf Personen das Geschehen bezeugen konnten, hatte der Angeklagte den Vorwurf am ersten Tag der Hauptverhandlung rundweg abgestritten. Nicht leugnen konnte er allerdings, einem der Zeugen eine Postkarte geschrieben zu haben, auf der er die Gäste des besagten Abends als „schreihalsige Sozialhilfeempfänger" tituliert hatte.

Bemerkenswert an dem Urteil war, dass die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Diese Wohltat hat der Angeklagte verwirkt, weil er Amtsrichter Schaffranek in keiner Weise davon überzeugen konnte, dass er künftig keine Straftaten mehr begehen wird. Als Grund für seine Entscheidung führte der Richter nicht allein eine einschlägige Vorstrafe an, die der Angeklagte vor etwa zehn Jahren in Bad Berleburg wegen Beleidigung „kassiert" hat, sondern auch die „unerträgliche Rechthaberei", mit der er am vergangenen Mittwoch vor Gericht aufgetreten war. Er habe versucht, die Verhandlung zu einem Tribunal gegen die Zeugen umzufunktionieren und damit „die Grenzen einer angemessenen Verteidigung bis zum Äußersten strapaziert".

Der Verteidiger hatte in seinem Plädoyer die Auffassung vertreten, die Stammtischrunde sei ein zu enger Kreis gewesen, als dass der Straftatbestand der Volksverhetzung hätte verwirklicht werden können. Der öffentliche Friede sei nicht gestört worden, zumal bereits die Sperrstunde eingetreten gewesen sei. Dieser Meinung widersprach der Richter: Der Angeklagte habe sich nicht etwa in einem engem Kreis Gleichgesinnter geäußert, sondern sich als zunächst Außenstehender zur Gruppe hinzugesellt, um zu provozieren. Tatsächlich habe auch eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestanden. Schließlich hätte nicht viel gefehlt und aus dem Tumult wäre eine Schlägerei geworden.

Auch die Vermutung des Verteidigers, es habe sich um ein Komplott der Zeugen gehandelt, die einen verhassten Störenfried ausschalten wollten, wies der Richter zurück. Es seien gerade die Abweichungen in den Details, die für die Glaubwürdigkeit der Zeugen sprächen. Wäre es ein Komplott gewesen, hätten alle die fraglichen Sätze wörtlich übereinstimmend zitiert.

Schon zuvor hatte Staatsanwalt Tietze in seinem Plädoyer den Zeugen ein gutes Zeugnis ausgestellt: Die Aussagen seien äußerst sachlich und frei von erkennbarem Belastungseifer gewesen.

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
31. März 2001


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