Quelle: Fränkischer Tag Bamberg, vom 31.01.2003

Schüler lesen Zeitung, 

Ein Stück heiliges Land bei uns - Schüler informieren sich auf dem jüdischen Friedhof in Walsdorf

Der erste Eindruck des Friedhofs ist bewegend und faszinierend zugleich: die

hauchdünne weiße Schneeschicht der ersten Januartage liegt unberührt auf dem Hügel vor Walsdorf und bedeckt die zahlreichen Gräber hinter dem schmiedeeisernen Tor mit Stille. Dieses Tor öffnet den Eingang zu einem Mahnmal deutscher Geschichte.

Die Spuren der Vergangenheit der Bamberger Juden führen auf den Walsdorfer Judenfriedhof. Mitte des 17. Jahrhunderts errichtet, bot er für mehr als zwei Jahrhunderte die letzte Ruhestätte für zahlreiche Juden aus Bamberg und Umgebung. Unter dem Schatten der großen Eiche begraben, begann für sie auf einem nach Osten abfallenden Hügel außerhalb Walsdorfs die Reise in die Ewigkeit.

Die zahlreichen Grabsteine tragen heute die Spuren der Jahrhunderte, denn sie sind der Verwitterung und dem Verfall ausgesetzt. Nur die uralte Eiche scheint der Zeit zu widerstehen, denn wie ein stiller Herrscher wacht sie über dem Friedhof. Nach jüdischem Verständnis gehört dem Toten die Erde, in die er gebettet wurde, für immer. Kein Lebender darf darüber verfügen. Jüdische Friedhöfe kennen daher keinen Grabkult. Dies verhindert, dass die auf einem Grab gepflanzten Blumen zu anderen Zwecken verwendet werden könnten. Da auch die Bäume nicht gefällt werden dürfen, entstehen parkähnliche romantische Anlagen wie hier in Walsdorf. Der fortschreitende Verfall der Grabsteine hat zur Folge, dass deren Inschriften nur noch mit Mühe und Not zu entziffern sind. Bei genauerem Hinsehen lassen sich jedoch noch einige Zeichen erkennen. Oft verweisen diese jüdischen Symbole auf den Stand der Verstorbenen hin. So finden sich z.B. die segnenden Hände auf dem Grab einen Angehörigen des Priesterstandes. Doch nicht alle Symbole sind jüdischen Ursprungs. Die Abbildung von Uhren auf mehreren Grabsteinen legt den Gedanken an die Vergänglichkeit der Lebenszeit nahe. Neben den hebräischen Texten tragen einige jüngere Steine auch deutsche Inschriften, Zeichen einer zunehmenden Assimilation.

Bevor die sterbliche Hülle eines Menschen der Erde zurückgegeben wird, erfolgt die rituelle Reinigung in dem dafür vorgesehenen Taharahaus. Das Walsdorfer Taharahaus diente früher zudem als Übemachtungsmöglichkeit für Verwandte, die den Verstorbenen bis an das Grab begleiten wollten. Das laut Inschrift 1742 errichtete Gebäude im Fachwerkstil wurde vor kurzem restauriert.

Der jüdische Friedhof in Walsdorf ist ein Teil unserer deutschen Geschichte und gleichzeitig ein Stück Erde aus dem Heiligen Land, denkt man an den Brauch, dass dem Toten als symbolische Handlung bei der Beerdigung ein Säckchen heilige Erde aus Israel mit in den Sarg gegeben wurde.

Möge dieser Gedanke uns alle mit der notwendigen Ehrfurcht erfüllen, wenn wir diese Stätte aufsuchen, welche uns an diejenigen erinnert, die über

Jahrhunderte hinweg das jüdische Leben in Deutschland prägten, und sie so vor dem Vergessen bewahren.

 

Kl. 8b, Clavius-Gymnasium Bamberg

 

 

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
22. Februar 2003


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