Quelle: Fränkischer Tag Bamberg, vom 1.11.2001

Ein Haus, das für alle offen sein soll

Das neue jüdische Gemeindezentrum ist auch als Ort der Begegnung und der Toleranz geplant

von Leopold Teuscher

Ein Ort der Begegnung zwischen den Religionen und Kulturen, kurzum ein Haus für alle Bamberger soll das neue jüdische Gemeindezentrum werden, betont Heinrich Olmer, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde. Gemeinsam mit Architekt Jürgen Rebhan stellte er dem FT die Entwurfspläne vor.

Vergangene Woche hat der Stadtrat einstimmig grünes Licht für das mit 5,3 Millionen Mark veranschlagte Projekt gegeben, das die Sanierung der alten Nähseidenfabrik Kupfer und Heßlein im Hinterhof der Willy-Lessing-Straße 7 vorsieht. Eine Lösung, die in Einklang mit der Denkmalpflege steht und die von jüdischen Kaufleuten begründete historische Struktur der Willy-Lessing-Straße mit Wohn- und Kontorgebäude und dahinterliegender Fabrik erhält.

 

So soll der Hauptteil der alten Nähseidenfabrik nach Sanierung und Umnutzung im Schnitt aussehen: im Gewölbekeller das Mikwebad mit Umkleiden, im Erdgeschoss ein Versammlungsraum, im Obergeschoss die aus der Fassade auskragende Synagoge mit kleiner Empore, angrenzend der Lichthof mit Wasserbassin und der zum Gartenhof zurückgebaute Anbau. 

FT-Foto: Ronald Rinklef

Pläne, Gebäude und Grund im Besitz der Kultusgemeinde anderweitig zu nutzen, hatte es seit 1987 in verschiedener Form gegeben, sie reichten von Wohnungsbau über Geschäftszentrum bis hin zum Seniorenwohnheim. Auch an einen Neubau für die jüdische Gemeinde war zuletzt gedacht worden, schließlich ist diese nach dem Fall des Eisernen Vorhanges von 35 auf 700 Mitglieder gewachsen. Einen Neubau hätte die Gemeinde jedoch nahezu ohne Zuschüsse finanzieren müssen - ein aussichtsloses Unterfangen, wie Olmer betont.

Nach zwei Jahren Vorarbeit stehen nun Finanzierung und Vorplanung. Die Kultusgemeinde kann mit der Sanierung der denkmalgeschützten Nähseidenfabrik auf Fördermittel hoffen, die rund 80 Prozent der Baukosten betragen. Nicht zuletzt deshalb möchte Heinrich Olmer, dass das Gemeindezentrum ein offenes Haus für alle wird, die Vorurteile abbauen und Toleranz fördern wollen.

Nach den Entwürfen des Architekten Jürgen Rebhan ist im Erdgeschoss ein Versammlungsraum geplant, der zu Vorträgen und kulturellen Veranstaltungen genutzt werden kann. Im ersten Obergeschoss wird sich die Synagoge befinden, die als Kubus aus der Fassade hervortreten wird und damit zum Ausdruck bringt, dass hier „Altes bewahrt und zugleich Neues geschaffen" wird, wie Heinrich Olmer das Motto des Projekts formuliert. Das noch erhaltene Portal der im Bereich der heutigen Theatergassen abgebrochenen Syn­agoge soll integriert werden.

Schaffen will man nicht nur ein neues, intensiveres Gemeindeleben, sondern auch Verständnis hierfür. So ist an die Einrichtung eines pädagogischen Zentrums gedacht, in dem Schulklassen, aber auch Lehrer aus ganz Nordbayern in speziellen Veranstaltungen mit jüdischem Glauben und Brauchtum vertraut gemacht werden können. Dazu ist auch an einen kleinen Museumsbereich gedacht. Bamberg wird mit seinem jüdischen Gemeindezentrum eine Sonderstellung einnehmen, ist sich Olmer sicher. Nirgendwo sonst in Bayern werde jüdisches Gemeindeleben in seiner Gesamtheit in einem Haus erlebbar sein. Dazu gehört auch eine Mikwe, ein rituelles Bad, das im Gewölbekeller des Gebäudes vorgesehen ist.

Eine interessante Lösung hat sich Architekt Jürgen Rebhan für den nach Westen zeigenden Anbau der Nähseidenfabrik einfallen lassen. Er soll zurückgebaut werden als begehbarer, nach oben offener Gartenhof, mit einer leichten Stahlkonstruktion als Pergola. Den zwischen Hauptgebäu­de und Anbau liegenden ehemaligen Lichthof will er als Klimapuffer und Belichtungszone nutzen sowie als Wasserreservoir für die Sprinkleranlage. Zugleich sollen seine Mauern ein Ort des Gedenkens an die im Holocaust ermordeten Bamberger Juden werden. Räume für die Verwaltung der Kultusgemeinde und eine Rabbiwohnung ergänzen das Raumprogramm. Mit dem Baubeginn rechnet Architekt Rebhan im Herbst 2002.

Trotz der zu erwartenden hohen Förderung wird die Kultusgemeinde noch rund eine Million Mark als Eigenanteil einbringen müssen. „Das ist unheimlich viel Geld für uns", sagt Olmer, „aber wir haben den Mut, diese Million aufzubringen". Neben angespartem Kapital und einem „hoffentlich geringen" Finanzierungsanteil setzt man vor allem auf die Spendenbereitschaft. Dazu soll in Kürze ein Kuratorium aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Kirchen gegründet werden, das das Vorhaben unterstützt.

Olmer liegt viel daran, dass auch der einfache Bamberger Bürger für das jüdische Gemeindezentrum spendet, auch wenn der Beitrag noch so klein sei. Mitzuhelfen, dass jüdisches Gemeindeleben in Bamberg wie vor dem Holocaust wieder möglich ist, habe nicht nur symbolischen Charakter, sondern sei auch wichtig für die Akzeptanz des Projekts in der Bevölkerung.

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
31. Dezember 2001


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