Quelle: http://www.info.bamberg.de/magazin/kultur/9november/judeninbamberg.html
info.bamberg.de
im Gespräch mit Heiner Olmer
Der Wunsch nach Normalität und Akzeptanz
Der 9. November ist ein geschichtsträchtiges Datum für
Deutschland – sei es die Ausrufung der Republik im Jahre 1919, der Fall der
Mauer 70 Jahre später und eben auch die sogenannte „Reichskristallnacht“
(ein Wort aus dem Nazi-Jargon) im Jahre 1938. An Jahrestagen blickt man zurück und wirft auch einen
Blick in die Zukunft. 1938 wurde die Synagoge, die in der Herzog-Max-Straße
stand, angezündet und zerstört. Ein Jahr später ließen die
nationalsozialistischen Herrscher auch noch die letzten Reste sprengen. Damals zählte
die jüdische Gemeinde knapp 1000 Mitglieder, von denen drei Frauen nach dem
Kriege zurückkehrten. Die Übrigen fanden den Tod oder emigrierten. Wie steht
es nun an der Schwelle zum 21. Jahrhundert um das jüdische Leben in Bamberg? Nicht auf Rosen gebettet Heiner Olmer, 1. Vorsitzender der israelitischen Kultusgemeinde in Bamberg, nennt zunächst die Mitgliederzahlen: „Zurzeit zählt die israelitische Gemeinde rund 650 Mitglieder. Gerade durch den Zuzug aus den osteuropäischen Ländern wurde diese Zahl erreicht.“ Bei einer solchen Zahl stellt sich natürlich die Frage nach einem gemeinsamen Gotteshaus. |
Hier aber
beginnen schon die Probleme. „Wir haben einen Gemeindesaal, der 50 Personen
fasst.“ Von einer neuen Synagoge ist man noch weit entfernt, doch Olmer hofft
darauf, dass die Neubaupläne für das neue Gotteshaus bei der Stadt Bamberg auf
Beachtung stoßen. Denn auf Unterstützung ist man angewiesen. „Die
finanzielle Situation ist angespannt. Die Ausgaben stehen in keinem Verhältnis
zu den Einnahmen. Gerade in bezug auf den Neubau brauchen wir Spenden und Zuschüsse.“
Nicht auf Rosen gebettet – so könnte man es ausdrücken. Nun findet am 9. November unter dem Motto „Signal gegen
Rechts“ ein Schweigemarsch durch Bamberg statt. An der Gedenkstätte für die
zerstörte Synagoge wird dabei auch ein Kranz niedergelegt. Was erwartet Olmer
von diesem Marsch? „Ich hoffe auf ein Zeichen der schweigenden Mehrheit der
Bamberger.“ Denn manchmal beschleicht ihn das Gefühl, dass die jüdische
Gemeinde schlicht ignoriert wird. Vielleicht ist gerade aus diesem Grund dieser
Schweigemarsch wichtig – allein durch die Kranzniederlegung rückt das
Schicksal der Juden mehr in den Mittelpunkt. Olmer hat auch folgendes
festgestellt: „Die Presse zeigt schon verstärktes Interesse. Hoffentlich überträgt
sich das auch auf die Bürger.“ |
|
|
Die schweigende Mehrheit Für die Zukunft hat der Vorsitzende vor allem einen
Wunsch: Normalität. „Es wäre schön, das Gefühl zu haben ein normaler Teil
der Gesellschaft zu sein und als solcher auch akzeptiert zu werden.“ Wer jetzt
denkt, dass sei bereits der Fall, dem sei gesagt: Auch in Bamberg wird das jüdische
Gemeindezentrum mit Video-Kameras überwacht und Polizeischutz gehört auch hier
eher zum Alltag. Und dies meint Olmer, wenn er von „Normalität“ spricht.
Dabei weiß auch er, dass in Bamberg die jüdische Gemeinde bisher von echten
Anschlägen verschont wurde. Als Beispiel sei hier Weiden erwähnt, wo in diesem
Jahr schon sechs Anschläge zu verzeichnen waren.
Das Interview führte Hartmut Ruffer |
Diese Seite wurde zuletzt
bearbeitet am
06. Dezember 2000
Diese Seite ist bestandteil eines
Frames. Sollten Sie diesen nicht angezeigt bekommen dann klicken Sie hier bitte
auf
Index
dann erhalten sie die fehlenden Informationen und Steuerungselemente
© by Thomas Starz