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Montag 9. September 2oo2/A               Landkreis Bamberg                      Fränkischer Tag


"Sprechende Grabsteine in "Mesusa 3"

Johann Fleischmann aus Mühlhausen hat drittes Buch über Spuren jüdischer Vergangenheit veröffentlicht

 

LKRS. BAMBERG. "Grabsteine erzählen" könnte über dem Buch, das Johann Fleischmann präsentiert, als Titel stehen.

Der Autor aus dem Arbeitskreis jüdische Landgemeinden an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach, nannte sein Buch über die jüdischen Friedhöfe - die "Guten Orte" - jedoch "Mesusa 3“ nach seinen zwei vorangegangenen Veröffentlichungen. Und es soll noch nicht das letzte Werk in dieser Reihe sein.

Gewidmet hat Fleischmann das Buch "allen, denen es nicht vergönnt war, auf einem Guten Ort bei Zeckern, Walsdorf, Aschbach, Uehlfeld, Mühlhausen, Lisberg, Burghaslach oder Reichmannsdorf zur letzten Ruhe gebettet worden zu sein". "Mesusa" wird die kleine Schriftrolle genannt, die in jedem jüdischen Haus am Türstock befestigt ist. Den Spuren jüdischer Vergangenheit ist Johann Fleischmann in seinen zwei "Mesusa"-Büchern bereits gefolgt. Während er darin jedoch "Geschichtssplitter" zusammenpuzzelte, geht es jetzt ausschließlich um die acht jüdischen Friedhöfe der näheren Umgebung, deren Geschichte er erforscht und anhand selbst aufgenommener Farbfotos dokumentiert hat.

Zehn Jahre insgesamt, die letzten drei davon besonders intensiv, hat sich der Geschichtsbesessene seinem "jüngsten Kind" gewidmet. Das Buch entstand in Gemeinschaftsarbeit mit Dominik Bohne, dem ehemaligen Vikar von Mühlhausen. Bohne habe durch sein Engagement bei der Übersetzung der hebräischen Grabinschriften die Dokumentation erst möglich gemacht, erklärt Fleischmann.

 

 

Der Heimatforscher Johann Fleischmann mit seinem jüngsten Werk Foto: Evi Seeger

"Unschätzbare Unterstützung" hat der Herausgeber aber auch aus Israel von Hilde Sichel und ihrem Sohn Meir Sichel von Nathan Merel,

Dr. Martha Lev-Zion und Dr. Yehuda und Yocheved Klausner erhalten. Fündig wurde Fleischmann in unzähligen Archiven, unter anderem in Bamberg, Nürnberg, Würzburg, im Kirchenarchiv von Mühlhausen, im Archiv, in Castell, im Zentralarchiv in Jerusalern und im Leo-Baeck-Institut in New York. Fleischmanns Dokumentation ist dreigeteilt in Einleitung, einen Hauptteil für jeden der acht Friedhöfe und einen Nachspann. Geleitworte haben die Bundestagsabgeordnete Heide Mattischeck und Dr. Josef Schuster, der Präsident des, Landesverbandes Israelitischer Kultusgemeinden in Bayern, beigefügt.

Von Chriss Fiebig aus Bamberg stammt ein Beitrag über jüdische Trauervorschriften" dem ein Kapitel über Beerdigungsriten folgt. Den im christlichen Volksglauben tief verwurzelten "Lügen und Vorurteilen" will Fleischmann mit einem Beitrag den Garaus machen. Den Abschluss der Einleitung bildet eine an Text und Bildern reiche Erklärung der Symbole und Inschriften auf jüdischen Grabsteinen. In den folgenden Kapiteln widmet sich Fleischmann ausführlich jedem einzelnen der acht" Guten Orte" die er in seinem Buch in chronologischer Abfolge angeordnet hat. Von jedem zeigt er den Eingangsbereich und als Abschluss einen verwitterten oder auch geschändeten Grabstein. Der älteste von Fleischmann erforschte ist der vermutlich im 14. Jahrhundert angelegte jüdische Friedhof in Zeckern. Der jüngste ist der erst 1832 ent­standene Reichmannsdorfer Judenfriedhof einer, so meint Fleischmann, besonders ortho­doxen Gemeinde, worauf er aus den ausschließlich hebrä­ischen Grabinschriften schließt.

 

Als ein einzigartiges steinernes Dokument bezeichnet er die eingemauerte Tafel im Inneren des Tahara-Hauses (der Ort für die Reinigung und Bekleidung der Verstorbenen) auf dem Walsdorfer Friedhof. Ihr Text ist in Jiddisch abgefasst, einem Sprachenkonglomerat aus Deutsch, Hebräisch und osteuropäischen Einflüssen, jedoch in hebräischen Lettern geschrieben. Der Text konnte erst vollends enträtselt werden, nachdem sich verschiedene Gruppen in Israel, darunter eine 85-jährige Frau mit Vorfahren aus Burghaslach, damit beschäftigt hatten.

Ergreifend, vielsagend und mitunter fast poetisch sind die Inschriften der Grabsteine, von denen im Buch berichtet wird. So ist auf einem Grabstein in Walsdorf zu lesen: "Hier liegt geborgen/Eine schluchzende und weinende Stimme für die Schönheit, die im Staube vergeht. Das ist das verlobte Mädchen, lieblich, gütig und gepriesen...“ Dermaßen beschrieben wird Lea Treinla, ein Mädchen von 14 Jahren, das im Mai 1729 verstorben ist.

Immer wieder fügte sich Stein an Stein in dem Spuren-Puzzle zusammen. So auch, als der Arbeitskreis das 1930 entstandene Foto des Grabsteines der Friederika Reichmannsdörfer erhielt, das deren Angehörige bei ihrer Emigration in die USA als Erinnerung mitgenommen hatten. Anhand des Fotos und der Form des Steines konnte das Grab im Uehlfelder Friedhof identifiziert werden. Der Arbeitskreis hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerungstafel wieder anbringen zu lassen.

 

Grab des "Morla"

An "Morla", den in Mühlhausen so gerufenen Viehhändler Moritz Blumenthal, erinnert im Buch ein Schwarzweiß-Foto seines Grabes in New York. 1939 verließ er gezwungenermaßen seine Heimat im Reichen Ebrachgrund und lebte noch 30 Jahre mitten in New York von den Erinnerungen an die alte Heimat. 1969 verstarb Moria "weit weg von Mühlhausen, dem er in Gedanken doch immer so nah war", wie der Autor zu berichten weiß.

Johann Fleischmann, der Herausgeber von "Mesusa 3", ist Jahrgang 1952 und gebürtiger Mühlhausener. Zur Geschichte der Juden in seiner Heimat kam er durch seinen Vater, dessen Erzählungen den Buben von Kind an fesselten und auch als Erwachsenen nicht mehr los ließen.

"Mesusa 3" gibt es ab sofort bei den Sparkassen und Raiffeisenbanken im Reichen Ebrachgrund sowie in der Buchhandlung Görres in Bamberg.

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
14. September 2002


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