Quelle: Fränkischer Tag Bamberg vom 30. Mai 2005, Seite 9

„Jahrhundertbauwerk" für Bamberg

Weihe der neuen Synagoge am 1. Juni – Genug Raum für Israelitische Kultusgemeinde

Wenn die neue Synagoge am Juni geweiht wird, hat die Raumnot der Israelitischen Kultusgemeinde ein Ende gefunden. Zugleich ist Bamberg um ein architektonisches Kleinod reicher geworden. Und um einen Schandfleck ärmer.

von Jürgen Gräßer

Das Rückgebäude an der Willy-Lessing-Straße, die ehemalige Nähseidenfabrik der jüdischen Unternehmer Kupfer-&-Heßlein, befand sich in arg ruinösem Zustand, ehe Umbau und Sanierung begannen. Nach einer Bauzeit von etwas über zwei Jahren ist ein „Jahrhunderbauwerk für Bamberg“ entstanden, wie Heinrich Olmer, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), die neue Synagoge mit dem Gemeindezentrum nennt.

Gerade einmal 35 Personen gehörten 1989 der Gemeinde an. Ihr Ende wäre absehbar gewesen, wenn nicht in den frühen 1990erJahren ein enormer Zustrom von Juden aus den ehemaligen Sowjetstaaten eingesetzt hätte. „Ohne die Zuwanderer wäre das jüdische Leben in Bamberg ein Epilog der Geschichte geblieben“, meint Olmer. Nun stehen der auf rund 900 Mitglieder gewachsenen Gemeinde endlich adäquate und noch dazu überaus ansprechende Räumlichkeiten zur Verfügung.

Architekt Jürgen Rebhan war bemüht, dem Anspruch des Industriedenkmals der alten Nähseidenfabrik gerecht zu werden, gleichzeitig aber der Tradition des historischen Synagogenbaus zu entsprechen und einen „Sakralraum zu schaffen, der eine entsprechende Würde mit sich bringt“. Grundsatz dabei war, ganz im Sinne Olmers, Altes zu bewahren und Neues zu schaffen. So ist das restaurierte Hauptportal der ehemaligen Synagoge an der Generalsgasse im ersten Obergeschoss als Zugang in den Neubau integriert worden.

An der nach Jerusalem gerichteten Ostwand der Synagoge steht der Thoraschrein, in dem die fünf Bücher Moses aufbewahrt werden. Aus ihnen wird von der Bima aus vorgelesen, einem Podest im Zentrum der Synagoge. Die bunten Fenster zur Linken und Rechten wurden von dem Bamberger Albert Ultsch gestaltet. Ein Segel aus Edelstahlgewebe in Nord-Süd-Richtung erinnert an das Stiftszelt in der Wüste Sinai. Als Bodenbelag sind Solnhofener Kalkschieferplatten verwendet worden. Lärchenholz, aus dem etwa das Gestühl gefertigt ist, setzt einen warmen Akzent.

Eine besondere Würde strahlt auch das Mikwebad für rituelle Waschungen im Gewölbekeller aus. Das Wasser für dieses Tauchbad stammt zu einem Teil aus einem Regenwasserrückstaubecken im Lichthof, der gleichzeitig als Klimapuffer und Belichtungszone dient. Der an den Lichthof angrenzende Anbau ist zurückgesetzt und so ein überwiegend leerer Innenhof geschaffen worden. In einer Laubhütte, der Sukka, kann dort das Laubhüttenfest gefeiert werden. Die Synagoge mit dem Tauchbad und der Laubhütte macht es der Kultusgemeinde nun möglich, die hohen Feiertage in würdigem und rituellem Rahmen zu begehen. Mit dem architektonischen Kleinod im Herzen der Weltkulturerbestadt ist die Kontinuität jüdischen Lebens gewahrt.

Erzbischof Dr. Ludwig Schick sieht in der neuen Synagoge die Chance, das „gute Miteinander von Christen und Juden, gegenseitige Toleranz, Akzeptanz, Wertschätzung und gesellschaftlichen Frieden in unserer Stadt und Region trotz unterschiedlicher Religionen und Einstellungen zu fördern“. Dies werde den „Antisemitismus, Nationalismus und den Rassismus nicht aufkommen lassen“.

So hofft auch Olmer, dass „die Kultusgemeinde als ein integraler Teil der Gesellschaft angekommen ist“. Noch muss allerdings in enger Zusammenarbeit mit der Polizei geplant werden: Aufgrund der Sicherheitsanforderungen und des bei so großen Anlässen doch begrenzten Platzangebotes bei der Weihe am 1. Juni haben lediglich geladene Gäste Einlass. Für Interessierte besteht laut Olmer in naher Zukunft ausreichend Gelegenheit, die Synagoge in Augenschein zu nehmen, etwa beim „Tag des jüdischen Denkmals“ im September.

 

Heinrich Olmer, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, nennt die neue Synagoge ein Jahrhundertbauwerk für Bamberg. Integriert wurde in das ehemalige Industriegebäude auch das restaurierte Hauptportal der ehemaligen Synagoge an der Generalsgasse.

FT-Foto: Ronald Rinklef

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
26. Juni 2005


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